Funakoshi

Funakoshi Gichin, 1868 – 1957

Meister Funakoshi Gichin (geboren 1868 in Okinawa im Bezirk Yamakaya-Cho als einziger Sohn einer einfachen Samurai-Familie) gilt als Vater und Begründer des modernen Karate.

Sensei Funakoshi
Sensei Funakoshi

Gichin spielte bereits mit 11 Jahren mit dem Sohn des Karateexperten Azato Yasotsune. Gichin war ein schwacher Junge und so schlug der Arzt der Familie Funakoshi vor, bei Meister Azato Karateunterricht zu nehmen. Jede Nacht marschierte er zu Azatos Heim, um dort unter der Aufsicht des Meisters zu trainieren. Oft kam auch Meister Itosu Yasutsune, ein Freund Azatos, zu Gast und während der junge Gichin übte, unterhielten sich Azato und Itosu über die philosophischen Aspekte der Kampfkunst. Die täglichen Übungen Funakoshi´s bestanden aus immerwährenden Wiederholungen einer Kata.

1888 wurde Gichin Funakoshi Schullehrer und bereits 1902 gab er eine Karate-Vorführung vor der Schulkommission. Entgegen den Wünschen vieler Karatemeister, welche Karate weiter “geheim” halten wollten, brachte Funakoshi, mit Itosus Hilfe, Karate in die Schulen.

Im Jahre 1906 gab es die 1. öffentliche Karate-Vorführung von Funakoshi. Sieben Jahre später organisierte er ein Team mit den 25 größten Karatekas der damaligen Zeit, welche die Katas vorführten. Sensei Funakoshi selbst demonstrierte die Kata Kanku Dai. Die anwesenden Japaner verfolgten diese Vorführung mit Begeisterung.

Im Jahre 1917 wurde er eingeladen in Kyoto (Japan) Karate vorzuführen. Dieses Ereignis sprach sich sehr bald herum und nur vier Jahre später wurde der japanische Kronprinz Hirohito Zeuge einer Karate-Vorführung auf Okinawa. Funakoshi wurde danach regelrecht belagert von Bitten und Ansuchen nach Japan zu kommen um dort Karate zu lehren. Zwei dieser Leute waren Kusugi Hoan, ein damaliger bekannter Maler, welcher später den “Shotokan-Tiger” kreierte und Kano Jigoro, Erfinder und Begründer des Judo.

In Japan (1922) gründete er anschließend einen Karateclub in einem Studentenheim für neuangereiste Studenten aus Okinawa. Bald wurde Funakoshi als der Karatemeister in Japan und Okinawa anerkannt. Innerhalb einiger Jahre begann Funakoshi auch an anderen Einrichtungen zu unterrichten, vor allem an verschiedenen Universitäten. 1933 entwickelte Funakoshi Basisübungen um auch mit Partnern trainieren zu können (Kihon Kumite).

Kalligraphie Karate-Do

Die Schriftzeichen (Kalligraphie) wurden von Funakoshi umgedeutet. Denn das Zeichen “Kara” hieß ursprünglich “China”. Jedoch im japanischen Zeichen galt dieses Zeichen für “Leer” . Das zweite Zeichen blieb gleich (“Te”).

Funakoshi war 71 Jahre alt, als er sein eigenes Karate Dojo im Jänner 1939 betrat, welches mit Unterstützung von privaten Sponsoren gebaut werden konnte. Über dem Eingang hing eine Gedenktafel worauf zu lesen stand : Shotokan

  • “Shoto” bedeutet Pinienbaum (Funakoshi signierte auch seine künstlerischen Kalligraphien mit dem Pseudonym Shoto)
  • “To” bedeutet Geräusch der Bäume im Wind
  • “Kan” bedeutet Halle, Gebäude oder Tempel

Sensei Funakoshi
Meister Funakoshi, 1935

Funakoshi Gishin, der Vater des modernen Karate, starb am 26. April 1957. Auf seinem schwarzen Grabstein sind folgende Zeilen eingraviert: “Karate ni sente nashi” – Es gibt keinen ersten Angriff in Karate.

Grab von Sensei FunakoshiGrab von Sensei Funakoshi - Bild 2
Das Grab von Meister Funakoshi Gichin
 

Dieses Denkmal an Meister Funakoshi wurde 1968 beim Enkaku-ji Tempel in Kamakura errichtet. Die rechte Kalligraphie ist von Funakoshi- die Linke von Asahina Sogen, Oberpriester des Tempels: “Karate ni sente nashi”.

Das grundlegende Stilkonzept

Funakoshi Gichin gehörte zu den großen Experten der okinawanischen Kampfkunst. Mehr als 30 Jahre lang war er Schüler des Shôrin-ryû. Er übte zuerst unter den Meistern Itosu und Azato das Shuri-te und danach unter Matsumora und Niigaki das Tomari-te. Er kannte den ungeheuren Umfang des Okinawa-te besser als jeder andere und wusste um das Prinzip der Unantastbarkeit des Hauptsystems. In den jeweiligen Schulen des Shôrin-ryû übte man nur eine kleine Zahl von Kata, je nachdem, welche Schwerpunkte von dem Meister der Schule gelegt wurden. Doch niemand entfernte sich vom Hauptsystem oder versuchte das Hauptsystem durch seine persönliche Ansicht zu ersetzen. Die Achtung vor dem Hauptsystem als Ganzes ermöglichte es jedem Meister, seinen Weg aus einer großen Vielfalt von Möglichkeiten zu wählen.

Durch die langjährige Erforschung der okinawanischen Systeme hatte Meister Funakoshi einen tiefen Einblick in die Möglichkeiten, die darin enthalten waren. Als er jedoch 1922 nach Japan kam, traf er auf eine neue Mentalität, die das Lehren der Kampfkunst nach altem okinawanischen Mustern unmöglich machte. In Japan war man gerade dabei, die Kampfkünste von der Tradition zu entfernen und als Konsumware anzubieten, weil man sich dadurch eine schnellere Verbreitung und natürlich auch persönliche Vorteile erhoffte. Dazu brauchte man den klar umrissenen, konkurrenzfähigen Stil, der marktorientiert zurechtgeschnitten, die Gegenüberstellung mit dem anderen Stil nicht zu scheuen brauchte.

In dieser veränderten Auffassung begann Meister Funakoshi in Japan zu unterrichten. Von Anfang an wurde deutlich, dass er seine japanischen Schüler mit dem, was im okinawanischen Karate bisher galt, nicht begeistern konnte. Die modernen Japaner suchten den Anschluß an die konsumorientierte Welt und verzehrten sich in dem Bemühen, Qualität durch Quantität zu ersetzen. Karate als Weg konnte in Japan zu jener Zeit nur schwer überleben. Es brauchte den sportlichen Aspekt, den Wettbewerb, den äußeren Reiz.

Meister Funakoshi wehrte sich lange dagegen, denn er ahnte, daß Karate dadurch seinen Inhalt verlieren würde. Er suchte nach Möglichkeiten, die ihm erlauben würden, beides miteinander zu verbinden. Die bedeutendste Neuerung war, dass er schließlich erlaubte, dass über das Kata-bunkai (Bunkai = Aufgliederung, Analyse und Studium der Kampfsysteme; das geschlossene System eines Karate-Kampfstils ist in seinen Kata festgehalten) hinaus, noch andere Formen des Kumite (= die Übung des Kampfes mit dem Partner) in die Übung einflossen, die nach und nach zu festen Bestandteilen des Trainings wurden. So entstanden zuerst das Gohon-kumite (Fünfschritt-Partnerübung) und Sanbon-kumite (Dreischritt-Partnerübung), danach das Kihon ippon-kumite (Grundschul-Kumite), das Jiyu ippon-kumite (Übungskampf in halbfreier Form) und schließlich das Jiyu-kumite (Freikampf).

Meister Funakoshi suchte von Anfang an nach einem Unterrichtssystem, das den Zugang zum Karate als Ganzes für die Zukunft gewähren sollte, in seinem Umfang aber soweit begrenzt war, daß die Übung nicht in bloßes Formstreben ausartete. Die okinawanische Methode, die Schüler drei Jahre lang ein und dieselbe Kata wiederholen zu lassen (Hito kata san nen), konnte in Japan unmöglich angewendet werden.
Es dauerte fast 15 Jahre, bis Meister Funakoshi sich endgültig entschied, die Kata in seiner Schule zu reduzieren. In seiner ersten Veröffentlichung (»Ryûkyû Kempô Karate«, 1922) beschreibt er noch die Kata Pinan 1-5, Naihanchi 1-3, Bassai-dai, Bassai-shô, Kushanku-dai, Kushankû-shô, Gojûshihô, Sesan, Chinto, Chinte, Ji´in, Jion, Jitte, Wanshu, Wandau, Rôhai, Jumu, Wandô, Sôchin, Niseshi, Sanseru, Suparinpei, Wankuwan, Kokan und Unsu. Dies ist ein buntgemischtes System, in dem alle okinawanischen Schulen inbegriffen sind, doch es war als Unterrichtsmethode zu breit. Erst in seinem letzten Buch, »Karate-dô Kyôhan«, legt Funakoshi die Zahl der Kata seines Systems auf 15 fest.

Die Auswahl der Kata

Diesen »mittleren Weg«, von dem Meister Funakoshi auch in »Karate-dô Kyôhan« spricht, fand er in der Auswahl von 15 Kata. Von den vielen Formen, die es im okinawanischen Shôrin-ryû gibt, wählte er jene aus, die seiner Meinung nach für die wichtigsten Karate-Aspekte repräsentativ waren und dem späteren Meister die Möglichkeit eröffneten, in jeden Bereich des okinawanischen Karates vorzustoßen.

Seinen Unterricht baute er jedoch nur auf diesen 15 Kata auf, obwohl seine Schüler noch viele andere Formen übten. Er erlaubte dies natürlich und sagte, es könne nicht schaden, wenn die Schüler auch andere alte Karate-Kata studierten. Doch die Shôtôkan-Schule, wie sie sich in den 30er Jahren herauszubilden begann, konzentrierte sich auf das Bunkai dieser 15 Kata. Bis heute hat sich diesbezüglich nichts geändert, obwohl es im modernen Shôtôkan-System inzwischen eine große Anzahl von Katas gibt.

Die Shotokan-Stil-spezifischen Kata:

  1. Heian-shodan
  2. Heian-nidan
  3. Heian-sandan
  4. Heian-yondan
  5. Heian-godan
  6. Tekki-shodan
  7. Tekki-nidan
  8. Tekki-sandan
  9. Bassai-dai
  10. Kanku-dai
  11. Hangestu
  12. Enpi
  13. Jitte
  14. Jion
  15. Gankaku

In diesem System verwendete er die Heian-Kata zur Ausbildung der Kyû-Grade (zu jener Zeit gab es 5 Kyû-Stufen) und die Tekki-Kata zur Heranbildung eines guten Standes und der Verbindung zwischen Stand und Technik. Die Bassai und die Kankû kamen wegen der großen technischen Vielfalt des Stils dazu und galten als die wichtigsten Kata des Systems.

Die Hangetsu übernahm Meister Funakoshi, um die Grundprinzipien der Shôrei-Schulen zu lehren, die Enpi sollte die Beweglichkeit der Hüften, das Ausweichen und die Schnelligkeit betonen, während die Jitte die grundlegenden Abwehrprinzipien (Muskelarbeit in der Abwehr, verbunden mit Energiefluß und Stand) enthielt. Die Jion lehrt einen direkten geradlinigen Kampfstil mit starken Techniken, ohne Zurückweichen, während die Gankaku den psychologischen Aspekt des Kämpfens mit Zanshin (Geistesgegenwart), Yomi (Vorausahnen) und Suki (Ausnutzen einer Chance) enthält. Durch diese Zusammenstellung sah Meister Funakoshi die Vielfalt des okinawanischen Hauptsystems ausreichend vertreten und die Chance für seine Schüler gegeben, sich in beliebige Richtungen weiterentwickeln zu können, nachdem sie selbst erfahrene Meister geworden waren.

Sein Unterricht bestand im wesentlichen aus Kata und Bunkai und baute auf den Prinzipien des okinawanischen Shuri-te der ltosu-Schule auf. Um die Einzeltechniken zu perfektionieren, ließ er Kihon (Grundschule) und am Makiwara (Schlagpfosten) üben. Aus der großen Vielfalt der Körperpunkte (Kyusho) wählte er diejenigen aus, die in den 15 stilspezifischen Kata angegriffen werden, und stellte sie in einem System zusammen, das man Jintai-kyûsho nennt. Dieses gilt im Shôtôkan-Karate nach wie vor als Leitlinie für die anzugreifenden Körperpunkte in den Kata-Bunkai. Dazu gehört die Perfektion der entsprechenden Technik und das Beherrschen verschiedener Formen der Kraft (Kime).

Die Sechs Regeln

Angeregt von dem Erfolg, den Meister Funakoshi nach langer und harter Arbeit erreichte, kamen viele andere Karate Meister nach Japan um “ihr” Karate zu verbreiten. In der Folgezeit entwickelten sich in Japan eine Menge anderer Karatesysteme.

Funakoshi Gichin wusste um die Gefahren, die durch die weltweite Verbreitung des Karate, auf diese Kampfkunst einwirken würden. So setzte er nach reiflicher Überlegung die sogenannten “Sechs Regeln” fest, aus denen sich der Dojo-Kun ableiten lässt. Diese Regeln sind fixer Bestandteil jedes seriösen Trainings und helfen die Definition des Traditionellen Karate zu verstehen und zu erläutern.

Die nun folgenden Regeln sind dem Werk von Meister Funakoshi “Karate-Do – My way of life” (Werner Kristekeitz Verlag) entnommen. Um es deutlicher zu sagen, der beste Weg zum Verständnis des Karate-Do führt nicht über das bloße Üben von Bewegungen, sondern ein Verständnis der Bedeutung, die den verschiedenen Bewegungen und Vorgängen innewohnt. Eine genaue Befolgung der Sechs Regeln ist für jeden unerläßlich, der sich um ein volles Verständnis der Kunst des Karate bemüht.

Obwohl Meister Funakoshi von sechs Regeln spricht, fehlt aus unerklärlichen Gründen die Nummer 3.

  1. Regel
    Betreibe das Karatetraining todernst. Damit meint er nicht, dass fleißig und ehrgeizig geübt werden soll sondern, dass der Gegner immer im Geist gegenwärtig sein muss, gleichgültig, ob man sitzt, steht läuft oder seine Arme hochhebt. Wenn im Kampf ein Karateschlag eingesetzt wird, so muss sich der Ausübende darüber im Klaren sein, dass dieser eine Schlag alles entscheidet. Wenn jemand einen Fehler gemacht hat, wird dieser derjenige sein, der verliert. Man muss immer auf solch eine Möglichkeit vorbereitet sein. Lange Zeit kann so trainiert werden, wird dabei aber nur gelernt, seine Arme und Beine zu bewegen und auf und ab zu hüpfen wie eine Puppe, so unterscheidet sich das Karatetraining nicht sehr vom Tanzunterricht. So wird das Wichtigste nicht erreicht und die Essenz des Karate-Do versäumt. Vollkommene Aufmerksamkeit ist nicht nur für einen Schüler des Karate-Do, sondern auch im täglichen Leben äußerst wichtig, da das Leben immer ein Kampf ums Überleben ist. Jeder, der so gleichgültig ist anzunehmen, er hätte nach einem Fehlschlag eine zweite Chance, wird selten viel Erfolg im Leben haben.
  2. Regel
    Sei Trainer sowohl mit dem Herzen als auch mit der Seele und kümmere dich nicht um die Theorie. Sehr oft wird jemand, dem diese Fähigkeit der vollkommenen Ernsthaftigkeit fehlt, seine Zuflucht in der Theorie suchen. Nehmen wir zum Beispiel an, jemand trainiert seit ein paar Monaten eine bestimmte Kata und sagt dann mit einem erschöpften Seufzer: “Egal wie hart ich übe, ich kann diese Kata nicht meistern. Was soll ich tun?”. Ein paar Monate! Wie kann er eine Kata in ein paar Monate meistern wollen? Das Kiba dachi (Reiterstellung) zum Beispiel sieht sehr einfach aus, aber Tatsache ist, dass niemand es beherrschen kann, auch wenn er ein ganzes Jahr jeden tag übt, bis ihm die Füße so schwer wie Blei werden. Welch ein Unsinn ist es dann, wenn sich jemand nach ein paar Monaten des Übens beschwert, er könne eine Kata nicht beherrschen! Richtiges Üben geschieht nicht mit Worten, sondern mit dem ganzen Körper. “Andere haben diese Kata gemeistert, die du übst. Warum schaffst du es nicht ? Machst du was falsch? ” Das sind die Fragen, die gestellt werden müssen und so lange trainieren, bis man vor Erschöpfung zusammen bricht, anschließend sofort nach den gleichen Richtlinien weiter üben. Von den anderen gelehrtes, wird sehr schnell wieder vergessen, etwas am eigenen Leib erlernt und verspürt wird, das merkt man sich ein Leben lang. Karate-Do beinhaltet eine große Anzahl von Katas, Basiswissen und Techniken, sodass kein Mensch alles in kurzer Zeit erlernen kann. Wird die Bedeutung jeder Technik und jeder Kata nicht verstanden, kann man sich niemals an all die verschiedenen Kenntnisse und Techniken erinnern, gleichgültig, wie hart geübt wurde. Alles ist miteinander verknüpft, und wenn nicht alles voll verstanden wird, scheitert man auf lange Sicht gesehen. Wenn einmal gelernt wurde, eine Technik völlig zu beherrschen, wird der Zusammenhang mit anderen Techniken erkennbar. Mit anderen Worten, wird man zu der Einsicht gelangen, dass alle der ca. zwanzig Katas bis auf ein paar wenige auf grundlegende Elemente zurückgeführt werden können. Wenn einmal eine Kata ganz genau gemeistert wird, hat man bald auch die anderen verstanden, selbst wenn nur zugeschaut wird, wie sie vorgeführt werden, oder während eines Unterrichts gezeigt bekommt.
  3. Regel
    – diese Regel fehlt aus unbekannten Gründen
  4. Regel
    Vermeide Einbildung und Dogmatismus. Jemand, der in großen Tönen angibt oder die Straße herab stolziert, als ob sie ihm gehöre, wird niemals wahren Respekt ernten, obwohl er vielleicht wirklich sehr fähig im Karate wäre. Es ist sogar noch absurder, wenn die Selbstbeweihräucherungen von jemandem hört, der dieses Können gar nicht besitzt. Im Karate ist es normalerweise der Anfänger, der einer Versuchung nicht widerstehen kann, anzugeben oder sich herauszustellen, aber indem er das tut, entehrt er nicht nur sich, sonder auch seinen Lehrer und die von ihm erwählte Kunst.
  5. Regel
    Versuche dich selbst zu erkennen und das Gute in der Arbeit anderer anzunehmen. Als Karateka sehen sie selbstverständlich oft andere beim Üben. Wenn dabei starke Punkte in den Vorführungen der Anderen erkannt werden, so sollen diese, wenn möglich, in die eigene Technik aufgenommen werden. Gleichzeitig sollte, sofern es erkannt wird, dass der Übende nicht sein Bestes gibt, nachgefragt werden, ob man es ebenfalls an Fleiß fehlen lässt. Jeder von uns hat gute und schlechte Eigenschaften, der weise Mann versucht, den guten Eigenschaften, die er an anderen bemerkt, nachzueifern und die schlechten zu vermeiden.
  6. Regel
    Halte an ethischen Regeln des täglichen Lebens fest, gleichgültig ob in der Öffentlichkeit oder im Privaten. Dies ist ein Prinzip, das man genauestens befolgen sollte. In den Kampfkünsten, besonders im Karate-Do, machen viele Neulinge große Fortschritte, und manche werden eines Tages bessere Karateka als ihre Ausbilder sein. Viel zu oft höre ich Lehrer von ihren Schülern also von oshi´ego (Schüler), monei (Lehrling), deshi (Jünger) oder kohai (Junior) sprechen. Ich glaube, solche Begriffe sollten vermieden werden, da vielleicht einmal die Zeit kommen wird, in der der Schüler den Lehrer überholt. Der Ausbilder geht gleichzeitig, wenn er solche Ausdrücke benutzt, das Risiko der Selbstzufriedenheit ein und damit auch die Gefahr, dass eines Tages der junge Mann, von dem er so leichtfertig gesprochen hat, ihn nicht nur einholen, sonder überholen wird in der Kunst des Karate oder auf irgendeinem anderen Gebiet des menschlichen Lebens.

Da Karata-Do sowohl auf eine Vervollkommnung des Geistes, wie auch des Körpers abzielt, sollten nie Ausdrücke damit in Verbindung gebracht werden, die nur den körperlichen Aspekt berücksichtigen. Wie der buddhistische Heilige Nichiren so klar gesagt hatte, sollte jeder, der die Sutras studiert, sie nicht nur mit den Augen des Kopfes, sondern auch mit jener der Seele lesen. Dies ist eine Ermahnung, die ein Schüler des Karate-Do niemals vergessen darf.

Kalligraphie
Kalligraphie von Meister Funakoshi Gichin:

“Das Alte zu suchen um das Neue zu verstehen.
Das ist die Materie der Zeit.
Zu allen Dingen muß man einen klaren Geist besitzen.
Der Weg, um aufrichtig und gut zu bleiben ?”